Rede von Frau Dr. Meisel am 15.06.2017 vor dem Hahnemann-Denkmal

Rede von Frau Dr. Meisel am 15.06.2017 vor dem Hahnemann-Denkmal

Hahnemann-Denkmal

Liebe Freunde der Homöopathie!

Was haben der Büstenhalter. die Kaffeefiltertüten und die Homöopathie gemeinsam?
Richtig, es sind alles sächsische Erfindungen, die von hier aus ihren Weg in die Welt gefunden haben.
Und es ist sicher kein Zufall, dass der homöopathische Weltärztekongress 2017 in Leipzig, also in Sachsen, in dem Jahr tagt, in dem auch weltweit dem 500 jährige Reformationsjubiläum gedacht wird. Hier, an der zweitältesten Universität Deutschlands, in Leipzig, studierte und lehrte Hahnemann, der die Medizin reformierte. Seine Antrittsvorlesung hielt er vor 205 Jahren, am 26. Juni 1812.
Er diskutierte den historischen Bezug von Helleborus zu Veratrum album.

Den Vergleich mit der Reformation des Glaubens, der ja eine ganze Bewegung der Reformation auf anderen Gebieten in Gang setzte, zog Hahnemann selbst.
1808, so las ich es in Fritsches Hahnemannbiografie, veröffentlichte er einen Aufsatz. Darin stehen die gewichtigen Sätze: „Es muss doch einmal laut und öffentlich gesagt werden, und so sei es denn vor aller Welt laut und unverholen gesagt: unsere Arzneikunst braucht vom Haupte bis zum Fuße eine völlige Reformation.“ und weiter …..“dass der Feuereifer eines felsenfesten Martin Luther den ungeheuren Sauerteig ausfegen muss.“ Schon Paracelsus hat sich als „Lutherus medicorum“ bezeichnet und Hahnemann nimmt, wie Fritsche es schreibt, diesen Titel an.

Zu Hahnemanns 50-jährigem Doktorjubiläum wurde bekanntlich der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte in Köthen gegründet. Er ist der älteste deutsche Ärzteverein und auf dessen Anregung wurde dieses von Lutze aus Köthen finanzierte Denkmal hier in Leipzig aufgestellt.
Und zwar bereits 8 Jahre nach Hahnemanns Tod, also 1851. Es ist ein gutes Gefühl an diesem Platz zu stehen, wo bei Denkmalseinweihung auch seine ersten Schüler wie Ernst Stapf, Organisator der 50 jährigen Doktorfeier, und Clemens von Boenninghausen weilten.
Unter den 88 Teilnehmern aus Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, England und Deutschland, befand sich auch Dr. Nunez, der Leibarzt der Königin von Spanien, wie jüngst auf facebook zu lesen war.

Und wir, die wir uns aus der ganzen Welt hier versammelt haben, spüren, es ist wahr geworden, was Hahnemann in einem Brief an Boenninghausen schrieb:
Das kleine Pflänzchen der Homöopathie ist eine große Eiche geworden.
Eine Eiche, die vielen Stürmen seither getrotz hat. Aber wir wissen, „ein im Wind gewachsener Baum hat starke Wurzeln“
Und ich muss unwillkürlich an die Luthereichen denken, die zu den Jahrhundertfeiern der Reformationsjubiläen in Deutschland und vielleicht in ganz Europa, gepflanzt wurden.

Böse Zungen behaupten, Hahnemann würde auf dem Denkmal Leipzig den Rücken kehren und gen Köthen blicken. Denn er wurde aus Leipzig vertrieben und fand in Köthen einen Ort wo ihm das Selbstdispensieren seiner Arzneien gestattet wurde.
Bei Denkmalseinweihung wurde eine Festkantate durch den Thomanerchor aufgeführt. Sie begann mit der Vertonung des Gedichtes von Gellert, das Hahnemann dem Organon voranstellt:

„Die Wahrheit, die wir nötig haben, die uns als Menschen glücklich macht, ward von der weisen Hand, die sie uns zugedacht nur leicht verdeckt, nicht tief vergraben…“
D.h. aus dem Geist der Wahrheit und, wie Hahnemann 1796 Hufeland mitteilte, aus dem Geist der Liebe zu seinen leidenden Mitmenschen hat Hahnemann seine Heilkunst entwickelt.

Hahnemann war sich sicher, ein immerwährendes Heilgesetz entdeckt zu haben. Und er bezieht sich damit, wie Currim in seiner Biographie über Grimmer schreibt, auf das Postulat Newtons, „dass eine Theorie dann wahr ist, wenn wir sie im Experiment wiederholt bestätigt finden.“
Der Nobelpreisträger Prof. Heisenberg formuliert diesen Sachverhalt so: “Dass die echte Lösung einer Schwierigkeit wohl immer darin besteht, dass man an dieser Stelle auf die einfachen großen Zusammenhänge gestoßen ist“.

Aus Liebe zur Wahrheit hat Constantin Hering, weil er sich zur Homöopathie bekannte, hier in Leipzig sein Medizinstudium nicht vollenden dürfen. Aber er ließ sich nicht beirren und fand in Prof. Schoenlein in Würzburg einen Förderer und wurde bekanntlich zum Vater der Homöopathie in Nordamerika.

„Aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen“, so beginnen die 95 Thesen Luthers.
Dies soll, so scheibt es Friedrich Schorlemmer, als Maxime allen weiteren Redens gelten. Es geht um das gemeinsame Ergründen der Wahrheit. Das setzt Zuhörenkönnen und ein offenes Herz voraus. Übrigens alles Dinge, die wir auch für eine homöopathische Anamnese benötigen.

So wünschen wir uns und nur so kann und muss die Diskussion um die Homöopathie geführt werden. Die Homöopathie, die gerade einmal 221 Jahre alt ist und mit ihrer Methode der Beschreibung eines Krankheitszustandes und der Heilung dessen durch ein ähnliches Arzneimittel überlebt hat.
Was man im Gegenzug von unzähligen Strömungen der letzten 200-jährigen Medizingeschichte nicht sagen kann.
Die Homöopathie kann mit ihrem Krankheitskonzept Antworten auf die dringenden Fragen der Medizin geben. Dies gilt sowohl für die Prophylaxe als auch die Therapie von akuten und chronischen Krankheiten.

Wir laden die universitäre Medizin, die Journalisten und alle, die noch skeptisch sind und sich über die Homöopathie grämen, zu diesem Disput ein.
Aber nicht mit Polemik, sondern kundig, mit Wissen, um die Wahrheit zu ergründen.
Bei der Reformation hat es fast 500 Jahre gedauert, bis die Ökumene die ersten zarten Schritte wagte.
Wie sagte es Constantin Hering, der seiner Dissertation den „Namen Medizin der Zukunft“ gab? „Wir können warten.“
Die „Erfindung“ der Homöopathie durch Samuel Hahnemann, gehört, um mit Stefan Zweig zu sprechen, zu den Sternstunden der Menschheit.
Hüten und pflegen wir die Homöopathie zum Wohle unserer Patienten, denn „die erste und einzige Aufgabe eines Arztes ist es, kranke Menschen gesund zu machen, was man heilen nennt“.

Wagen wir es, weise zu sein. Aude sapere